Anzeichen der Besiedlung des Ankumer Raumes in der Urzeit:
Der genaue Zeitpunkt der ersten Besiedlung im Ankumer Raum lässt sich nicht feststellen. Sicher ist jedoch, dass dieser Raum schon in vorgeschichtlicher Zeit stellenweise stark besiedelt war. Das beweisen sowohl viele aus älterer Zeit stammende Orts- und Hofnamen als auch mancherlei Bodenfunde.
Aus der Altsteinzeit, als die Menschen nicht sesshaft und reine Jäger und Sammler waren, sind in dieser Region keine Funde zu nennen. Aus der Mittelsteinzeit (8000-4000 v. Chr.) gibt es jedoch Spuren in den heutigen Ankumer Ortsteilen Aslage und Tütingen, sowie in der Bauernschaft Talge, das ehemals zum Kirchspiel Ankum gehörte . Die Menschen waren noch Nomaden, hatten aber – wie auch schon die Menschen der Altsteinzeit – Lagerplätze, die sich immer wieder aufsuchten, z.B. Quellen und Bäche sowie Seeufer, auch um zu fischen. An solchen Orten gefundene Werkzeuge weisen auf ein verändertes Jagdverhalten hin – nicht mehr das Großwild der Altsteinzeit, sondern Elch, Hirsch, Reh, Wildschweine, Ure und Wisente waren nun die Beute, die wahrscheinlich zumeist mit Pfeil und Bogen, weniger mit Keule und Speer erlegt wurden. Gefischt wurde mit Harpunen.
Viele kleinere und auch einige größere Funde liegen aus der Jüngeren Steinzeit vor, die ca. 4.000 v. Chr. begann und in der die Menschen langsam sesshaft wurden. Aus der Zeit ca. 3.000 v. Chr. stammen die sogenannten Megalith- oder Hünengräber, von denen im Altkreis Bersenbrück heute noch etwas 30 nachzuweisen sind. Alle liegen im Ankum-Bippener Hügelland, was zeigt, dass die Menschen zunächst leichter zu bebauende Sandhöhen besiedelten, ehe sie in die sumpfigen und waldreichen Niederungen vordrangen. Für Ankum von Bedeutung sind die Steingräber im Giersfeld/Westerholte, bei denen heute ein prähistorischer Lehrpfad angelegt ist. Diese Steingräber zeigen, dass die Menschen, die sich in einer Art von Haufendörfern, kleinen Bauernschaften, also dicht gedrängt ansiedelten, religiös waren und wohl ein Fortleben nach dem Tode annahmen. Jede kleinste Bauernschaft oder Siedlung besaß ein solches Sippengrab.
Mit Sicherheit ist eine Besiedlung Ankums in der Bronzezeit (2.000- 800 v.Chr.) nachzuweisen, als die bisher übliche Bestattung von der Leichenverbrennung mit der Beisetzung in Aschenurnen abgelöst wurde. In der Gemeinde Ankum sind mindestens zehn bronzezeitliche Grabhügel zu finden, die zur Bestattung der Urnen verwendet wurden. Diese liegen alle im nördlichen Teil der Gemeinde, so die Grabhügel „Am Schwedsberg“, „Am Nonnenberg“, „Am Kattenboll“ und in der Kunkheide.
Die Bewohner unseres Raumes gehörten wahrscheinlich dem germanischen Volksstamm der „Chasaurier“ an, deren Name mit „Haseanwohner“ gedeutet wird. Der Fluss (die) Hase ist der wichtigste Wasserlauf des Altkreises Bersenbrück. Er verläuft etwa sechs km östlich von Ankum.
Einige Jahrhunderte vor Chr. und später drangen immer wieder Germanen aus Skandinavien in diese Region ein. Es ist jedoch anzunehmen, dass sie nicht wie in der Altsteinzeit die ansässigen Stämme vernichteten, sondern sie sich untertan machten, um sie für den Ackerbau und die Viehzucht einzusetzen. Sie wurden somit zu „Laten“ oder „Liten“, Halbfreien, die dienstpflichtig waren. Mit der Zeit vermischten sich jedoch die Herren mit den Laten, so dass auch diese zu Freien wurden und alle einen Stamm bildeten.
Die Altsächsische Zeit
Den Römern ist es bekanntlich nicht gelungen, Norddeutschland ihrem Imperium einzugliedern, da sie bei der Varusschlacht (wahrscheinlich in Kalkriese, ca. 20 km südöstlich von Ankum – archäologische Grabungsfelder und Museum zu besichtigen!) vernichtend geschlagen wurden und sich zurückziehen mussten. Somit verblieb dieser Raum in Sitten und Gebräuchen, wie er einst von den Römern vorgefunden wurde (nachzulesen bei Cäsar „De bello Gallico“ vor 44 v. Chr. und Tacitus „De origine et situ Germanorum“, 98 n. Chr.). Auch von der Völkerwanderungszeit blieb die Gegend weitgehend verschont.
Erst im 6. Jahrhundert n. Chr. wurde das Gebiet von den aus Jütland kommenden Sachsen in Besitz genommen. Die Sachsen drangen von nördlich der Elbe in diese Gegend ein und waren um 530 am Rhein angelangt. Da sie „Schwertträger“ (sahsnotas) waren, hätten sie leichtes Spiel mit den Germanenstämmen gehabt, die mit Lanze, Pfeil und Bogen, Streitaxt und Dolch militärisch schlechter gerüstet waren. Vielleicht führte jedoch die politische und wirtschaftliche Überlegenheit zu Siegen durch Verhandlungen oder Drohungen. Die Inbesitznahme erfolgte demnach ohne Blutvergießen.
Typische Siedlungen der sächsischen Zeit waren lockere Gruppen von drei bis höchstens zehn Höfen. In jeder größeren Siedlung legten die Sachsen einen sächsischen Edlingssitz an. Ansonsten beließen sie den Eingesessenen ihren Sitz und vermischten sich mit ihnen. Die Germanen profitierten jedoch von den Neuerungen und Verbesserungen der Sachsen und fühlten sich bald selbst als solche.
Das Land war in Gaue („go“ = von Bauernsiedlungen besetzter Landstrich) eingeteilt. Die Gaue waren durch natürliche Grenzen (Wälder, Stümpfe, Moore) von benachbarten Siedlungsgebieten getrennt und umfassten wohl immer etwa drei Kirchspiele. Im Altkreis Bersenbrück gab es wahrscheinlich vier Gaue. Ankum war Mittelpunkt des sogenannten „Farngaues“, der sich außerdem über Nortrup, Gehrde (Bersenbrück war damals nur eine Bauernschaft und Badbergen noch nicht besiedelt bzw. bestanden dort nur einzelne Siedlungen) erstreckte.
Die sächsischen Stammesverbände waren locker organisiert. 60 bis 80 Gaue bildeten die Grundzellen, über denen noch die drei großen Heerschaften der Westfalen, Engern und Ostfalen standen. Ankum gehörte zu den Westfalen. Die Sachsen hatten keinen König. Sie wurden nur im Kriegsfall gemeinsam unter die Leitung eines „Herzogs“ gestellt (der letzte in Altsachsen war „Wittekind“ oder „Widukind“). Die Verwaltung war aristokratisch-demokratisch. Nur die „Freien“ waren rechtsfähig und konnten das „Thing“ besuchen und mitberaten. Jeder Ort hatte ein Thing und eine Thingstätte unter freiem Himmel.
Neben der politischen Organisation war auch in wirtschaftlicher Hinsicht durch das Eindringen der Sachsen ein Fortschritt entstanden. Die alten germanischen Einzelbesitzungen wurden abgelöst durch den „Esch“, Gemeingut einer Bauernschaft oder eines Dorfes. Er wurde gemeinsam bearbeitet und bestellt und jährlich in schmalen Streifen unter den Bauern neu aufgeteilt, damit jeder vom besseren oder schlechteren Boden möglichst gleich viel erhielt. Auch nach dem späteren Übergang in den Besitz der Bauern blieb die Streifenform erhalten.
Nicht der Esch wurde damals eingezäunt, sondern das Dorf bzw. die Bauernschaft. Nach dem Aufgang des Roggens konnte jeder seine Schweine bis zum Winter auf dem Esch weiden lassen; die Umzäunung diente somit dem Schutz des Dorfes und seiner Gärten vor den Schweinen. Der „Kamp“ war Privateigentum des Bauern, durch „Wall“ und „Knick“ eingezäunt und hauptsächlich mit Hafer, Gerste und Rüben bebaut. Direkt am Haus, auf dem „Brink“ wurde der „Lein“ angebaut. Im heutigen Ankum weisen Straßennamen auf die Existenz der ehemals genutzten Landstücke hin, z.B. „Im Walsumer Esch“ (Industriegebiet, westlicher Ortsausgang) und „Wingerbergskamp“ (nördlich).
Neue Siedlungen entstanden durch Rodungen, was noch heute an Ortsnamen anderer Gemeinden zu erkennen ist, so z.B. Bokel (von Boklo – lo, loh = Wald), Ortsteil von Bersenbrück.
Außer dem bevorzugten „Edllingssitz“, der wahrscheinlich nur in den größeren Gaudörfern angelegt worden war, gab es nur gleichberechtigte „Freie“ (Bauern) mit gleichem Anteil am Esch und der wilden „Mark“ (für Holzgewinnung, Plaggenstich und Vieheintrieb). Als später Höfe geteilt wurden, bekamen die Freien (mit vollem Hof) die Bezeichnung „Vollerben“, die geteilten Höfe hießen entsprechend „Halberben“ etc.
Die altsächsische Zeit hatte bis etwa 800 n. Chr. Bestand. Bis dahin wurde in Ankum und Umgebung das bäuerliche Leben mit den germanischen Sitten und Gebräuchen und seinen religiösen Riten fortgeführt.
Das frühe Mittelalter – die Einrichtung der Urpfarre Ankum im Zuge der Christianisierung
Eine gewaltige Umwälzung in Sachsen entstand, als die Franken 772 in den norddeutschen Raum eindrangen, um das Gebiet zu besetzen und die Menschen zu christianisieren. Obwohl sich der Großteil des sächsischen Adels schnell den Franken anschloss, wehrten sich die Frilinge und Laten energisch und dauerhaft gegen die Vereinnahmung. Es kam zu einem 32 Jahre dauernden Krieg, der auf sächsischer Seite mit viel List und Geschick von Wittekind geführt wurde und auf Seiten der Sachsen von Karl dem Großen. Beide Seiten besaßen zur gleichen Zeit herausragende Führungspersönlichkeiten.
In dem anfangs aufgrund politischer Vormachtstellung entfachten Krieg führte Karl der Große gemeinsam mit dem Adel eine schrecklich gewaltsame Mission durch, die „Schwertmission“, einen grausamen Glaubenskrieg. Das Land wurde weitgehend verwüstet, viele Höfe waren niedergebrannt worden und sehr viele Menschen wurden getötet. 804 n.Chr. waren die Sachsen endgültig unterworfen und zum christlichen Glauben gezwungen. Der sächsische war somit der einzige Stamm, der das Christentum nicht freiwillig angenommen.
Zur Durchsetzung der Christianisierung wurde für jeden Gau der Bau einer Taufkirche befohlen. Für den Farngau bedeutete dieses den Bau einer Kirche in Ankum. Über die Gaueinteilung setzte man sich hinweg und richtete eine andere Art von Verwaltung ein. So entstand der Kreis des „Osnabrücker Nordlandes“ inmitten dessen sich Ankum befindet. Die Franken setzten in allen größeren Ortschaften Meyer- und Schultenhöfe ein (Meyer vom lateinischen major domus = fränkischer Hausverwalter; Schulte von Schultheiss, von Schuldigkeit anheißen, die Schuldigkeit einfordern).
Von den Schultenhöfen aus wurde der Sage nach auch der Standort der Kirche bestimmt. Mit dem Bau der Kirche in Ankum als Tauf- und Mutterkirche entstand und entwickelte sich das Dorf Ankum.
Tatsächlich aber ging die Missionierung vom Bistum Osnabrück aus, das im Jahre 783 gegründet worden war. Der erste Bischof von Osnabrück (Wiho 772-804) ließ im Umkreis weitere Missionssprengel – die Urpfarren – einrichten. So ist die Errichtung der ersten Taufkirche in Ankum, wahrscheinlich eine einfache Holzkirche, auf Bischof Wihos Auftrag hin zurückzuführen sein und etwa mit dem Jahr 800 zu datieren.
Die Urpfarre Ankum erstreckte sich über einen sehr großen Bereich, etwa von Alfhausen (südöstlich von Ankum) bis nach Quakenbrück (nördlich) und von Gehrde (östlich) bis nach Bippen (nordwestlich), was mit dem altsächsischen Farngau übereinstimmte. Sie bestand über einen Zeitraum von fast 300 Jahren, in deren Verlauf sich die ersten Tochterpfarreien entwickelten (11./12. Jahrhundert). In dieser Zeit ordnete der Bischof von Osnabrück die Organisation der Diözesen, indem er Archidiakonate schuf. Diese waren identisch mit den Urpfarren. Somit wurde die Urpfarre Ankum im Jahr 1221 zum Archidiakonat Ankum, das aus der Pfarrei Ankum selbst und den Tochterpfarreien Bippen, Badbergen, Bersenbrück sowie Alfhausen bestand. Die Archidiankonate bestanden bis ins 19. Jahrhundert, wurden dann durch die Dekanate abgelöst.
Nachdem Bippen, Badbergen, Bersenbrück und Alfhausen von Ankum abgepfarrt waren, entstand das sehr große „Kirchspiel Ankum“, das vom Giersfeld bis nach Talge und von Bokel bis nach Restrup reichte und über Jahrhunderte hinweg von großer Bedeutung war. Dr. Heinrich Siemer schreibt darüber in seinem Buch „Die alte Kirche zu Ankum“ (1991, S. 14): „Nach dem Meßkornregister der Pfarre Ankum um 1200 bestand das Kirchspiel zu dieser Zeit aus etwa 55 Siedlungen und Siedlungsteilen, die sich um 1700 zu 23 Bauernschaften zusammengeschlossen hatten. Bis um die letzte Jahrhundertwende hatten sich daraus 19 selbständige politische Gemeinden gebildet.“
Ankums Bedeutung im späten Mittelalter
Am 29. Oktober 977 übereignete Kaiser Otto II. auf Bitten des Osnabrücker Bischofs Luidulfus seinem Gefolgsmann Herigisus Besitzungen in drei Orten der jetzigen Einheitsgemeinde Ankum. In der Schenkungsurkunde ist Ankum als Ainghem (mit Rüssel als Rislaun und Tütingen als Tiutinge) zum ersten mal schriftlich erwähnt. Weitere 12 Orte, die zum ehemaligen Farngau gehörten, wurden darin übergeben.
Im Jahre 1169 wird die „parochia Anchem“, die Pfarre Ankum erstmals genannt, und 1188 hat der Graf von Dalen außer in Ankum selbst Besitzungen in Holsten, Basum, Loxten, Nortrup, Druchhorn, Dückinghaus, Besten, Striekel, Bockraden, Kettenkamp Westerholte und Grovern, die rund um den Ort Ankum liegen und zum Kirchspiel Ankum gehörten.
Die Stellung der heutigen Gerichte wurde in früheren Zeiten im allgemeinen von den Gogerichten eingenommen, die sich vermutlich während der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts im Zuge von Landfriedensbestrebungen aus von Fall zu Fall zusammengerufenen Notgerichten entwickelt hatten. Gerichtsherr war der deutsche König/Kaiser, der infolge seiner Italienpolitik den Fürsten mehr und mehr Rechte übergab. Dem Bischof von Osnabrück übertrug er das Recht, eigene Richter einzusetzen. Dieser besetzte Ankum mit einem solchen Gogericht. Der Bezirk des Gogerichtes Ankum umfasste die Kirchspiele Alfhausen, Ankum, Badbergen, Bersenbrück und Gehrde. Dies zeigt die wichtige Stellung, die Ankum im Osnabrücker Nordlande zugerechnet wurde. Das Gericht tagte dreimal jährlich unter den „Gerichtslinden“ auf dem Vogelberg.
Nach der Eroberung des Sachsenlandes durch die Franken wurden die Gaue von fränkischen „Grafen“ verwaltet. Im 11. Jahrhundert wurden sie schließlich aufgelöst. Dafür entwickelten sich bis um 1300 das Hochstift, später Fürstbistum Osnabrück, in dem der Bischof zugleich Landesherr war. Im nördlichen Teil, im „Osnabrücker Nordland“ trat an die Stelle des gräflichen Verwaltungsbeamten ein „advocatus in anchem“. Wie eine Mitteilung des Jahres 1346 besagt, waren ihm mehrere „Officiati in Nordlande“ unterstellt, was die hohe Stellung des Ankumer Verwaltungsbeamten und somit die Stellung Ankums zu der Zeit, unterstreicht.
Ein weiteres Indiz für die wichtige Rolle Ankums – auch im wirtschaftlichen Bereich – ist die Tatsache, dass das „Ankumer Maß“ in weitem Umkreis die gebräuchliche Maßeinheit war. Es wird 1240, nur wenige Jahre nach der Gründung des Klosters zu Bersenbrück, erwähnt, als „Otto, durch Gottes Gnade Graf von Tecklenburg“, seinem Lehnsmann Mathias zur Lage genehmigt, Renten an das Kloster Bersenbrück in Form von Getreide „per mensuram in Anchem“ zu übertragen, also nach Ankumer Maß. Die Prüfung der Maße und Gewichte stand dem Gografen zu.
Auch als militärischer Stützpunkt hat Ankum mit seiner Kirchenburg eine Rolle gespielt. Um 1340 heißt es in der sogenannten Wevelinghofenschen Chronik über den Fürstbischof von Münster: „In der Streitigkeit mit der Diözese Osnabrück zerstörte er ‚propugnaculum Anchem‘, das Bollwerk Ankum, und brachte ihr zahlreiche Verluste bei.“ Die Größe und Art der Befestigung unterstrich die Bedeutung des Verwaltungsmittelpunktes Ankum im Osnabrücker Nordland.
Bis in diese Zeit reichen auch die ältesten Urkunden des Pfarrarchivs Ankum; sie sind in Abschriften erhalten, die um 1700 gefertigt wurden. In einer Urkunde des Jahres 1365 erscheint der Name „Johan von Anchem, Seligen Detmars Sohne von Anchem“ und damit die Familie von Ankum, deren Nachkommen 1961 der Gemeinde Ankum das Recht einräumten, ihr Wappen unverändert als Gemeindewappen zu führen.
Ankum in der Neuzeit
Mit der Errichtung der Landesburgen Fürstenau (1344) und Vörden (1370) wurde das Osnabrücker Nordland in zwei Ämter aufgeteilt. Ankum hatte seine Bedeutung als Verwaltungsmittelpunkt verloren. Vom Jahr 1594 an war Fürstenau als Verwaltungsmittelpunkt anzusehen. Seit der Zeit gab es den „Richter zu Fürstenau und Gograf zu Schwagstorf“. Allerdings blieb das Gogericht in Ankum bis nach der Franzosenzeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts bestehen.
Zu der Schwächung an Bedeutung in politische Hinsicht kam hinzu, dass über das Dorf Ankum und die zugehörigen Bauernschaften die Wirren der Kriege, Brände und Hungersnöte hinweggingen: Am Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) lagen mehr als 60 Bauernhöfe unbewohnt und unbebaut – eine wirtschaftliche Schwächung unermesslichen Ausmaßes.
Der Niedergang setzte sich in den folgenden Jahrhunderten fort. Nach den Napoleonischen Kriegen zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden Änderungen in der Verwaltung vorgenommen. 1817 wurde das übergroße Amt Fürstenau aufgeteilt. Aus dem östlichen Teil schuf man ein neues Amt. Ankum, mit mehr als 1000 Einwohnern größter und noch immer bedeutendster Ort des Raumes, hoffte Amtssitz zu werden. Die Regierung entschied sich jedoch für den kleineren Ort Bersenbrück, der damals nur etwa 110 Einwohner hatte, weil in Bersenbrück die Gebäude des 1786 aufgehobenen Klosters zur Verfügung standen.
Im Staatsarchiv Osnabrück findet sich folgende kurze Zusammenfassung für diese Entwicklung: „Das Landratsamt Bersenbrück setzt sich aus den alten Ämtern Bersenbrück, Fürstenau und Vörden zusammen. Die Ämter Fürstenau und Vörden sind alt-osnabrückische Verwaltungsbezirke. In der Zeit der westfälischen und französischen Herrschaft bestanden ja die französischen Verwaltungsorganisationen (Department, Arrondissement, Canton, Mairie). Am 1.4.1817 wurde das Amt Bersenbrück eingerichtet. Am 1. April 1885, wurde der Kreis Bersenbrück aus den Ämtern Bersenbrück, Fürstenau und Vörden und der Stadt Quakenbrück gegründet; Verwaltungsbehörde ist das Landratsamt Bersenbrück.“ Ankum hatte damit als Verwaltungsort seine Bedeutung abgeben müssen.
Das Gogericht wurde nach Beendigung der Fremdherrschaft erst gar nicht wieder ins Leben berufen. 1814 wurde ein Amtsgericht in Bersenbrück geschaffen, das allerdings erst mit der Einrichtung der Amtsverwaltung 1817 seine Wirkung aufnehmen konnte.
Noch war Ankum aber in wirtschaftlicher Hinsicht aufgrund der zentralen Lage von großer Bedeutung. Die ehemals zentrale Lage Ankums beweist noch heute die Karte des Altkreises Bersenbrück. Als Vogt Gronefeld im Jahr 1699 ein Verzeichnis der „in Kerspel Anckumb befindliche und sonderlich obervierende scheyde wege“ aufstellte, erwähnte er als erste die Straße nach Osnabrück – eine direkte Verbindung. Sie verläuft in östlicher Richtung. An der Grenze des Dorfes zweigt ein Weg nach Bersenbrück, Gehrde und Vörden ab. „Jenseits Rüßeler becke teilte sich dieser weck widerum nahher Alffhausen.“ Die Hauptstraße aber führt direkt über Thiene nach Bramsche und Osnabrück.
Die Straße nach „Battbergen und Quakenbrüge“ führt über Druchhorn, wo links der Weg nach „Loixten, menßlage“ abzweigt.
Von der Straße nach Bippen, Lengerke „Ling“ „von der becke brügge an der west seite“ zweigt die Straße nach Fürstenau ab.
Die Tütinger Straße teilt sich „in stahrter Holtz“. Die Hauptstraße verläuft in Richtung „öffeln, neuwenkirch, Linter, Cappeln und im Teckenburgh“. Nach links zweigte früher schon im Starter Holz der Weg nach Bramsche und Osnabrück ab.
Dieser zentralen Lage entsprach auch die enorme Bedeutung der Ankumer Märkte. Bald nach dem Dreißigjährigen Krieg war der Walsumer Markt, der nachweislich seit 1361 jedes Jahr am Montag vor Christi Himmelfahrt auf dem „Crützelmannshofe“ stattfand, auf dem sogar Bremer Besucher waren und „sich alle Einwohner der darum liegenden Kirchspiele ihre Feierkleider“ kauften, eingegangen. Zum Walsumer Markt kamen Kaufleute sowohl mit „Wandt oder Laken aus Osnabrück und Quakenbrück als auch mit Backwerk, eisernen und hölzernen Waren, Zinnen, Werk, Kanne, Krösen [Krügen]“.
Aber zu der Zeit des Niedergangs des Walsumer Marktes (1666) stand schon der „Jahrmarkt zu Anckumb“ in Blüte und auch der „St. Niclas Markt zu Anckumb“ war weithin bekannt. Hundert Jahre später fanden in Ankum jährlich etwa sieben Märkte statt, und zum Fett-Vieh-Markt des Jahres 1879 erschienen Inserate des Dorfes in neun Zeitungen, deren Erscheinungsorte von Köln bis Bremen reichten. Dieses spiegelt die Bedeutung der Anziehungskräfte der Ankumer Märkte wieder, deren Anzahl weiter anstieg.
50 Jahre später wurden auf den Märkten des Jahres 1928 allein 1800 Pferde aufgetrieben. Noch nach dem Zweiten Weltkriege fanden außer der Kirmes jährlich 10 Märkte statt; sie sind aber bis auf die Ankumer Kirmes am zweiten Wochenende im September mit dem Kirmesmarkt am folgenden Dienstag, alle eingegangen.
Der Rückblick zeigt, dass Ankum nach dem Niedergang im Gerichts- und Verwaltungswesen nach dem Zweiten Weltkrieg auch in wirtschaftlicher Hinsicht zunächst zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken war. Nach dem Rückschlägen, die ganz Deutschland im Zweiten Weltkrieg erlitt, konnte sich Ankum, wenn auch nur zögernd, aber doch wieder einen beachtenswerten Platz unter den zentralen Orten unserer näheren Umgebung sichern.
Ankum seit dem 2. Weltkrieg
Den letzten schweren Schlag im Rahmen der politischen Entwicklung traf Ankum mit der Bildung der Samtgemeinde Bersenbrück 1972 durch das Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden im Raum Osnabrück. Lieber hätten die Ankumer Verantwortlichen eine eigene Samtgemeinde mit einigen umliegenden Gemeinden gebildet und somit politisch wieder mehr an Bedeutung gewonnen.
Wirtschaftlich gesehen versuchte Ankum direkt nach dem Zweiten Weltkrieg an die vorherigen Zeiten anzuknüpfen. Es fanden außer der Kirmes jährlich zehn Märkte statt. In der folgenden Zeit sind diese jedoch alle eingestellt worden. Übriggeblieben ist nur noch die Kirmes am zweiten Wochenende im September mit dem Kirmesmarkt am darauffolgenden Dienstag.
Kirmesmarkt ist der Tag, an dem versucht wird, alte Traditionen zu erhalten. So beginnt an diesem Tag die Kirmes bereits um acht Uhr morgens. Bis 1999 verkauften Bauern und Viehhändler noch ihr Vieh im Dorf, handelten Preise aus und besiegelten den Handel wie in früheren Zeiten per Handschlag. Seit einigen Jahren wird der Kirmesmarkt jedoch vom Trödelmarkt beherrscht, der immer Tausende von Menschen anzieht und eine Atmosphäre schafft, wie sie vielleicht zu den Blütezeiten des Ankumer Marktlebens gewesen sein mag.
Seit 1986 findet neben der Kirmes im September im Mai das Ankumer Dorffest statt. Veranstaltungsgelände im Ortskern ist die gesamte Hauptstraße. Neben einem großen organisierten Trödelmarkt am Sonntag, können am Samstag die Kinder unter den Arkaden der Kirche ihre Spielsachen, Bücher usw. verkaufen. Eine große Bedeutung auf dem Dorffest hat die Autoschau, bei der viele Autohändler der gesamten Umgebung ihre Autos zur Schau stellen.
Ein anderer „großer Markt“ findet seit Jahren im Reitzentrum am Ankumer See statt, die PSI, „Performance Sales International“, eine Verkaufsshow von Paul Schockemöhle und Ulrich Kasselmann, auf der Spitzenpferde aus Europa und der gesamten Welt Preise in Millionenhöhe erzielen. Die Ankumer Bevölkerung selbst bekommt dieses Ereignis jedoch nur am Rande mit – Pferdeliebhaber aus aller Welt sind die eigentlichen Besucher der Veranstaltung, stellen aber einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor für den Ort dar.
Seit dem Zweiten Weltkrieg ist in Ankum immer wieder Bautätigkeit zu verzeichnen gewesen. Direkt nach dem Krieg bestand Bedarf durch die Zuweisung von Vertriebenen und Flüchtlingen. Es entstanden Wohngebiete mit über 400 Neubauten. Mit steigendem Wohlstand und aufkommender Industrie (Hühner, Pferde, Agrarbau; Bekleidungsindustrie, Möbelfabrik) sowie vermehrten Betrieben Selbständiger in Handel und Gewerbe, in Sparkassen und Banken, im Krankenhaus und in den Schulen entstanden immer mehr Arbeitsplätze. Die sich stetig beschleunigende Entwicklung Ankums ließ neue Wohngebiete in den 70er und 80er Jahren entstehen. Der Wohnwert Ankums stieg, und die Menschen ließen sich auch auf das Pendlerdasein ein.
Seit dem starken Anwachsen der Einwohnerzahlen durch den Zuzug von deutschstämmigen Aussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion, hauptsächlich aus Kasachstan, in der ersten Hälfte der 90er Jahre wurden erneut Wohngebiete mit nahezu 500 Neubauten rund um Ankum herum angelegt.
Die enorme Entwicklung Ankums machte und macht es erforderlich, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Neben den erwähnten Hauptarbeitgebern entstehen nun immer neue Betriebe oder mittelständische Unternehmen im „Gewerbegebiet Rüssel“. Durch den Bau eines Einkaufszentrums konnten ebenfalls Arbeitsplätze gewonnen werden und notwendige Einkaufsmöglichkeiten geschaffen bzw. der Ortsmitte als Handelszentrum ein weiteres hinzugefügt werden.
Obwohl Ankum einen Niedergang in seiner Bedeutung als Glaubenszentrum, als Verwaltungsmittelpunkt und im wirtschaftlichen Bereich im späten Mittelalter und in der Neuzeit durchgemacht hat, war die Folge allen Betrachtungen nach nicht eine totale Bedeutungslosigkeit, eher ein Bedeutungswandel. Ankum ist heute ein Ort, dessen Bedeutung vornehmlich im Wohn- und Erholungsreich liegt.
Die bereits erwähnten Märkte sind ein Teil der Vorzüge, die Ankum Touristen zu bieten hat, und die immer stärker angenommen werden. Aber besonders die Lage Ankums inmitten des Naturparks „Nördlicher Teutoburger Wald – Wiehengebirge“ und somit als Landschaftsschutzgebiet und seine Sehenswürdigkeiten locken jährlich mehr Touristen an. Der Naturpark „Nördlicher Teutoburger Wald – Wiehengebirge“ wurde bereits 1962 gegründet und umfasst eine Fläche von 1.220 qkm, die größtenteils unter Landschaftsschutz steht. Damit sind die wertvollen Landschaftsteile für den Erholungs- und Fremdenverkehr sichergestellt. Die Touristik stellt für Ankum bereits einen erheblichen wirtschaftlichen Faktor dar.
Kirchengeschichte
Die St.-Nikolaus-Kirche
Die Bedeutung des Kirchspiels Ankum hat ihren anschaulichen Niederschlag in der Ankumer Kirchenanlage gefunden, die geschichtlich und kunstgeschichtlich eines der interessantesten Bauwerke weit und breit war und ist.
Selten beherrscht eine Kirche mit ihrer Umgebung so stark das Gesamtbild eines Ortes, wie es in Ankum mit dem „Artländer Dom“, der St.-Nikolaus-Kirche der Fall ist. Die heutige Kirche steht auf dem gleichen Platz, wie wahrscheinlich schon die erste einfache Holzkirche aus der Zeit der Einführung des Christentum um 800. Am Hang des Vogelberges steigt der Turm heute über 80 m empor. Er ruht auf einem dreigeschossigen Unterbau, der 1514 am Westende der alten Kirche errichtet wurde.
Um die Zeit der Jahrtausendwende, nachdem die Holzkirche mehrere Jahrhunderte den Bedürfnissen genügt hatte, wurde sie durch einen Steinbau ersetzt, vom dem noch Teile an der heutigen Kirche erhalten sind. Über das alte Bauwerk, eine romanische Basilika, liegen nur einige Zeichnungen vor. Eine genaue Datierung des Baus kann nicht vorgenommen werden; angenommen wird, dass die Kirche in der zweiten Hälfte des 12. oder Anfang des 13. Jahrhunderts errichtet wurde.
In der Folgezeit bis zum Ausgang des Mittelalters hat es mehrere Um- und Erweiterungsbauten der Kirche gegeben, da sie sich für die wachsende Zahl der Gläubigen in dem enorm großen Kirchspiel immer wieder als zu klein erwies. Die Kirchenburg war geschützt und gestützt durch mehrfaches Mauerwerk und im Osten, Süden und Westen umfriedet durch die heute in Teilen noch erhaltene Mauer aus Granitblöcken.
Die Kirchhofsmauer war bis zu 3,5 m hoch und 1,5 m dick und mit Schießscharten versehen. Sie war eine Verstärkung der vor 1300 errichteten Landwehren, die um das Dorf Ankum herum aus Wassergräben, Erdwällen und dichtem Gesträuch bestanden und vor zahlreichen Raub- und Fehdezeiten schützten. Die Wehranlage bestand aus insgesamt vier Türmen, den drei Wehrtürmen, der Ringmauer und dem ebenfalls mit Schießscharten ausgerüsteten Kirchturm, der gleichzeitig Bergfried, der Hauptturm der Kirchenburg war.
Diese Anlage hat in den vergangenen Zeiten für frühere Verhältnisse eine beachtliche Verteidigungsanlage dargestellt. Ankum wurde dafür im Jahr 1341 ausdrücklich als „propugnaculum“, als starkes Bollwerk, bezeichnet. Die kirchliche Befestigungsanlage mit der großen militärischen Bedeutung wurde im 15. Jahrhundert fast vollständig zerstört.
Der älteste Bauteil der heutigen Ankumer Kirche, der untere Teil des Kirchturms, war zugleich der jüngste der alten Kirche zu Ankum. Er stammt aus dem Jahr 1514. Er bestand aus dem Turmschaft und einer aufgesetzten Spitze, dem Turmhelm. Der Turmschaft bestand damals aus drei Stockwerken von über 29 m Höhe und einer Gesamthöhe von etwa 60 m. Das Mauerwerk besteht aus Findlingen und Bruchsteinen. Es ist ein ausgesprochenes Festungsmauerwerk mit Wanddicken von 2,53 m.
Das 19. Jahrhundert hat alle Sehenswürdigkeiten Ankums bis auf geringe Reste erbarmungslos beseitigt. So brach am 22. Juli 1848 in Ankum ein großer Brand aus, der ganze Teile der Ortsmitte zerstörte, wobei auch der Turmhelm und das Kirchendach ausbrannten. Bei der anschließenden Sanierung erhielt der Turm nun eine glockenförmige Bedachung mit einer neuen, diesmal höheren Bedachung.
Am 21. Juli 1892 brach die endgültig Katastrophe über die alte Kirche zu Ankum herein. Ein Blitz schlug in den Turm ein, dadurch gerieten die Turmspitze und das Kirchendach in Brand, so dass sie einstürzten. Man beschloss den Abbruch der alten und den Bau einer neuen Kirche, da die alte Kirche trotz der früheren Umbauten und Vergrößerungen nach wie vor in allen Belangen zu klein und zu eng war. Erst nach drei Jahren wurde der Abbruch vollzogen, so dass im Herbst 1896 mit dem Neubau der Kirche begonnen werden konnte.
Nur der im Jahre 1514 erbaute Turm blieb erhalten und wurde um zwei Geschosse für Glocken und Turmuhr aufgestockt. Im Jahr 1900 war die neue Kirche fertiggestellt. Sie ist noch größer und gewaltiger als die alte Kirche zu Ankum, obwohl diese Größe jetzt nicht mehr unbedingt erforderlich war, da sich das Kirchspiel verkleinerte. Es waren Tendenzen für weitere Kirchengründungen abzusehen.
Das Innere des Gotteshause wurde im Jahre 1976 erneuert und so umgestaltet, wie es den heutigen Erfordernissen entspricht. Edelstes Kunstwerk in der Kirche ist wohl das alte Ankumer Kreuz, das etwa um 1280 aus der Hand eines Meisters hervorging. Des weiteren zu erwähnen sind der „Dominikanerstammbaum“, eine Steinmetzarbeit wohl „aus dem Einflußbereich der Weserrenaissance“, und eine aus Holz geschnittene Pieta (17. Jh.).